Die Familie war jüdisch ...
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Der Film
Persönliche Erfahrungen der nationalsozialistischen Verfolgung sind in schriftlichen Memoiren und aufgezeichneten Interviews festgehalten. Und sie leben weiter im Gedächtnis der Familien, wo sich von Generation zu Generation der Blick auf sie verändert. Die Familie war jüdisch … erzählt die Geschichte einer Familie von Opfern und Überlebenden vom späten 19. Jahrhundert bis heute.
Der Film zeichnet mein wachsendes Bewusstsein für die deutsch-jüdische Seite meiner Familie nach. Als Kind habe ich sie kennengelernt – in den Fotoalben und live. Später erfuhr ich mehr über sie vom Stadtarchiv München und im Internet.
Einige überlebten die NS-Verfolgung, indem sie in die USA flüchteten. Dort wuchsen die Kinder auf, heirateten und gründeten eigene Familien. Andere Zweige des Familienbaums endeten in den Vernichtungslagern. Oder bei denen, die sich das Leben nahmen, selbst nachdem sie sich in Sicherheit gebracht hatten.
Die sensible technische Umsetzung des 17,5-minütigen Films durch die Grafikerin Sandra Beer (Frankfurt a. M.) und die Tontechnikerin Kathrin Dröppelmann (Berlin) wurde vom Historischen Museum Frankfurt finanziert. Der Film war vom Dezember 2021 bis September 2022 in der Ausstellung „Das Stadtlabor auf Spurensuche im Heute“ dort zu sehen. Er setzt sich zusammen aus Fotos, Animationselementen, kurzen Videosequenzen sowie einer Tonspur mit Sprecherin und musikalischer Untermalung. Der Film ist in einer deutschen und einer englischen Version erhältlich und kann als Lehrmittel verwendet werden.
Konzipiert wurde der Film für die Projektion in einem Kino bzw. an eine Leinwand oder Wand (mp4, 1920 x 1080 in 16:9).
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Die Quellen für meine Familienrecherche
2004 begann ich, Nachforschungen über die deutsch-jüdische Seite meiner Familie anzustellen. Mein Ziel war, etwas über die Schicksale meiner Urgroßmutter Dorline und meiner Großtante Lisl herauszufinden. Beide waren in München zurückgeblieben, als die Familie meines Vaters 1936 Deutschland verließ. Ich fragte im Stadtarchiv München an und bekam eine Fülle von Informationen, die meiner Familie bis dahin nicht bekannt waren.
Als ich im Jahr 2018 erfuhr, dass die Stadt München Wandtafeln oder Stelen als Erinnerungszeichen für die Opfer des Nationalsozialismus errichtet, beschloss ich, Stelen zur Erinnerung an Dorline und Lisl zu beantragen. Kurze Zeit später erhielt ich eine Einladung des Historischen Museums Frankfurt, an der partizipativen Ausstellung „Das Stadtlabor auf Spurensuche im Heute“ teilzunehmen. Ich ging darauf ein und nahm mir vor, dort eine Präsentation über meine deutsch-jüdische Familiengeschichte zu zeigen.
Von nun an liefen die Arbeit an diesem Projekt – dem hier gezeigten Film – und die Anträge für die Erinnerungszeichen parallel. Im Zuge dessen wurde mir klar, dass möglicherweise noch weitere Angehörige von den Nationalsozialisten ermordet wurden.
Aus dem Biografischen Gedenkbuch der Münchner Juden 1933–1945 und dem Online-Gedenkbuch der Erinnerungs Werkstatt Augsburg erfuhr ich von den Schicksalen einiger weiterer Familienmitglieder aus beiden Städten. Ich nahm mit dem Initiativkreis Stolpersteine für Augsburg und Umgebung Kontakt auf, um dort ebenfalls Erinnerungszeichen zu beantragen. Zusätzliche Informationen bekam ich von den Arolsen Archives – International Center on Nazi Persecution, auf der Facebook-Seite des Leo Baeck Institute in New York, aus dem Gedenkbuch des deutschen Bundesarchivs und vom General Register Office von Großbritannien.
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Kommentar
In ihrer berührenden Familienchronik stellt uns Judy Rosenthal auch Ermordete des Nationalsozialismus als Mitglieder Ihrer Familie, als geliebte, schmerzhaft vermisste Personen mit ihrer Geschichte vor. Individuelle Schicksale können uns so – im Rahmen von Familiengeschichten – in einer besonderen Form der Zeitzeugenschaft als Bestandteile unserer gemeinsam geteilten Vergangenheit wieder erinnerbar und gegenwärtig zu Bewusstsein gebracht werden.
Prof. Dr. Ludger van Gisteren
Universitätsprofessor für Medizinische Psychologie, Klinische Psychologie und Psychotherapie
Medizinische Hochschule Brandenburg
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Wer ich bin
Ich, Judy Rosenthal, bin 1957 in Chicago geboren und dort aufgewachsen. Während die Familie meiner Mutter schon seit einigen Generationen in den USA und Kanada gelebt hatte, war mein Vater mit seinen Eltern und seinem Bruder 1936 aus Deutschland in die USA geflohen, um der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten zu entkommen.
Ich studierte Kunstgeschichte, Deutsch und Englisch in St. Louis und New York. Nach Abschluss meines Studiums bot sich mir die Möglichkeit, in München zu leben. Zufällig war das die Stadt meiner deutsch-jüdischen Vorfahren. Ich beschloss, ein bis zwei Jahre dort zu verbringen und München, Deutschland und Europa kennenzulernen.
Ich lebe bis heute in Deutschland und bin mittlerweile stolze Bewohnerin der Stadt Frankfurt am Main. Ich habe die doppelte Staatsbürgerschaft (USA + D) und bin Mutter und Großmutter. Ich arbeite als freiberufliche Übersetzerin für Deutsch > Englisch mit Schwerpunkt auf Kunst und die Geschichte des Nationalsozialismus.
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